Neulich war mal wieder so ein Moment – ich sitze am Schreibtisch, doch anstelle meinen Blogartikel über das eigentliche Thema anzufangen, scrolle ich durch diverse Instagram-Profile. Alles rein dienstlich natürlich. Die Kanäle von Peggy Elfmann, Sophie Rosentreter oder Yasemin Aicher sind samt und sonders sehenswert. Und gleich noch mal geguckt, wie viele Likes mein letzter Beitrag auf meiner Seite bekommen hat. Ehe ich mich versehe, waren mehr als 30 Minuten um.

Ich rufe mich innerlich zur Ordnung und schaue auf meine Aufgabenplanung. Ich habe meine Aufgaben schön ordentlich in superkleine Häppchen geteilt, um jederzeit ein bisschen an meinem Blog arbeiten zu können. Doch so klein die Aufgaben auch sind, ich kann mich gerade zu gar nichts aufraffen. Mein Akku ist leer.

Erschöpfung Körper und Seele

Erschöpfung baut sich langsam auf

Ich war weder einen Marathon gelaufen (haha), noch hatte ich Nachbarn beim Umzug geholfen oder mit meinen wilden Enkelinnen stundenlang das verrückte Handwerkerspiel gespielt. Nichts dergleichen. Es war eher die Summe aus allem möglichen, was in der letzten Zeit passiert war.

  • Eine nicht richtig auskurierte Erkältung (ach, das geht schon wieder)

  • Die anstrengender werdenden Besuche bei meiner Mutter (als sie mich fragte, ob die Eva schon gegangen ist, hätte ich gerne geheult)

  • Eine unnötige Diskussion mit einer Pflegekraft (ich weiß, es sind gerade einfach zu wenig Leute da)

  • Das Mobiltelefon unseres Vereins, das einfach den Geist aufgab und die komplizierte Einrichtung des neuen Gerätes (ja, wer billig kauft, kauft Ärger)

  • Eine anstrengende Beratung einer schwer depressiven Ehefrau, deren Mann an Demenz erkrankt ist (und die meinen Feierabend ungewollt nach hinten verschoben hatte)

Das alles zusammen hat meinen Energiepegel auf ein Nullniveau gebracht.

Früher hätte ich mich jetzt noch zusätzlich über mich selbst geärgert und mir innerliche Vorwürfe gemacht. Heute erinnere ich mich an meine Not-To-Do-Liste (also eine Liste mit Dingen, die ich nicht (mehr) tun möchte), auf der doch steht, dass ich gnädig mit mir selbst sein darf. Mit der Zeit lernt wohl jede(r), dass Vorwürfe  so wenig erfolgversprechend sind, wie der Versuch je an das untere Ende aller Instagram-Beiträge zu gelangen.

Was mir jetzt hilft ist, das Telefon aus der Hand zu legen, meine Aufgabenliste wieder zuzuklappen und meine grellorange Notfallkiste aus dem Schrank zu holen.

Ich hoffe, Sie haben auch eine!

Notfallbox Selbstfürsorge

Alles was hilft, ist willkommen

Ich habe diese Idee vor vielen Jahren aus einer Mutter-ohne-Kind-Kur (die bekommt man, wenn die Kinder in der Pubertät und für die Kasse damit zu alt sind) mitgebracht.

In meiner Box befinden sich

  • Eine Duftkerze (zarter Grapefruitduft) samt Streichhölzern
  • Die Telefonnummern von zwei Freundinnen, die ich JEDERZEIT anrufen kann.
  • Ein paar Spruchkarten, die ich über die Jahre gesammelt habe (unter anderem: „Wenn du schon in den Seilen hängst, solltest Du die Gelegenheit nutzen und ordentlich schaukeln“ und „Verliere, was verloren werden muss, um zu finden was gefunden werden kann“)
  • Der handgeschriebene Spruch einer Kollegin „Leuchttürme rennen auch nicht überall auf der Insel herum und suchen nach Booten, die sie retten können. Sie stehen nur da und senden ihr Licht aus.“, der mich an meinen Hang zum Aktionismus erinnert und immer noch zum Lächeln bringt.
  • Ein sündhaft teures Entspannungsbad
  • Urlaubspostkarten, die ich gekauft und dann doch nicht geschrieben habe, die mir aber sofort die Erinnerung an Dolce Vita, afrikanische Weite oder frischen Ostseewind geben
  • Das Kartenset von Jwala Gamper (ich ziehe eine Karte und lese: „Ich wähle den sanften Flug“. Diese Metapher gefällt mir.)
  • Ein Schokoriegel (viel zu süß)
  • Ein Gedichtband von Mascha Kaléko (Sei klug und halte dich an Wunder)

Irgendetwas in der Box spricht mich immer an. Die Kerze verströmt ihren Duft. Zitrusfrüchte heitern angeblich auf. Ich lese eine Weile in den Gedichten und überlege beim Betrachten der Karten, wo ich in diesem Jahr gern überall ein paar freie Tage verbringen möchte.

Danach habe ich genügend Elan, mir einen Tee zu kochen und meine Lieblingsplayliste anzustellen.

Und da ich nun schon mal am Laptop bin, versuche ich nun wenigstens diesen Artikel stilvoll zu Ende zu bringen.

Technik-Master Frank Karzer hat neulich (als ich durch Facebook scrollte) ein Tool empfohlen, das mit „Künstlicher Intelligenz“ arbeitet und mehr oder weniger kluge Antworten auf alle Fragen findet.

Natürlich sind mir solche Dinge suspekt. Doch manchmal müssen wir Pflegenden halt über unseren Schatten springen und  einfach mal ausprobieren, ob ein unterstützendes Angebot vielleicht doch passt oder auch nicht. 

Nicht alles von vornherein ablehnen! Alles was hilft, ist willkommen!

Also probiere ich das jetzt und nehme Sie gleich mal mit. Ich tippe also:

Achtsamkeit

„Gibt es ein Frühwarnsystem für Energiemangel?“

Die Künstliche Intelligenz überlegt gar nicht lange und antwortet folgendermaßen:

„Es gibt tatsächlich einige Anzeichen, auf die Sie achten können, um Energiemangel frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Hier sind einige mögliche Frühwarnzeichen für Energiemangel:

  1. Sie fühlen sich häufig müde und erschöpft, selbst nach ausreichend Schlaf.
  2. Sie haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren oder Gedanken zu ordnen.
  3. Sie haben wenig Interesse an Aktivitäten, die Ihnen normalerweise Freude bereiten.
  4. Sie haben häufig Schmerzen und Muskelschmerzen.
  5. Sie sind häufig reizbar und haben Stimmungsschwankungen.
  6. Sie haben Schwierigkeiten, einzuschlafen oder durchzuschlafen.
  7. Sie haben einen verminderten Appetit.

Wenn Sie einige dieser Symptome bei sich beobachten, könnte es sein, dass Sie Energiemangel haben. Es ist wichtig, auf Ihren Körper zu hören und sich genügend Ruhe und Erholung zu gönnen, um Ihre Energiereserven wieder aufzufüllen.“

Insgesamt hat diese Künstliche Intelligenz mit ihrer generierten Antwort erstaunlich recht.

Im Moment trifft bei mir nur Anzeichen Nummer Zwei zu (Nummer Sieben leider überhaupt nicht, der Schokoriegel ist weg). Vermutlich bin ich gerade noch ein leichter Fall. Die Klientin, die ich beraten hatte, nannte mir tatsächlich alle sieben Symptome und noch einige mehr. Eine richtige Depression ist eben mehr als nur ein Energie-Tief, aber manchmal auch die Folge davon, dass dieser Zustand zu lange ertragen wurde.

Ich wage noch einen Versuch und frage die Künstliche Intelligenz  danach, was man gegen Energiemangel in seiner Notfallbox haben sollten. In vielen Dingen sind wir uns einig:

„Fotos von Menschen oder Orten, die Ihnen wichtig sind

Eine Liste mit Dingen, die Sie gerne tun, wenn Sie sich besser fühlen

Eine Liste mit Telefonnummern von Freunden und Familienmitgliedern, die Sie um Unterstützung bitten können

Eine Liste mit Aktivitäten, die Ihnen helfen, sich zu entspannen, z.B. Musik hören, kochen, malen, etc.

Eine Liste mit Selbsthilfe-Tipps, die Ihnen in schwierigen Zeiten helfen können

Ein paar Snacks und Getränke für den Notfall

Eine Decke oder ein Kissen, um sich bequem einzurichten

Eine Taschenlampe oder eine Stirnlampe, falls der Strom ausfällt

Eine kleine Reiseapotheke mit wichtigen Medikamenten und Verbandsmaterial.“

Also ich finde, am Ende übertreibt sie doch ein bisschen.

Unterstützung Coaching

Warnsignale wahrnehmen und Unterstützung annehmen

Was Ihnen gern für das neue Jahr mitgeben möchte, ist die Empfehlung, auf Ihr körpereigenes Frühwarnsystem zu hören. Oft gibt der Körper erst leise und später etwas lautere Signale wenn er aus dem Gleichgewicht geraten ist.

Manchmal ist es das Gedankenkarussell, das uns nicht schlafen lässt.

Manchmal ist es ein Grummeln im Bauch, das sagt, dass etwas gerade nicht in Balance ist.

Manchmal ist es ein dauerhaft flacher Atem. Meine Dozentin nannte es „Schlüsselbein-Atmung“. Der Volksmund sagt, mir stockt der Atem.

Und dann ist es wichtig, dass wir uns daran erinnern, dass wir uns Hilfe holen dürfen. Jede sinnvolle Unterstützung ist willkommen.

  • Die Nachbarin, die anbietet, etwas vom Markt mitzubringen
  • Die Freundin, die sagt, lass uns einen Kaffee trinken, du musst hier mal raus.
  • Der Partner oder die Partnerin, die das Kochen übernimmt.
  • Der Pflegedienst, der jetzt morgens immer die Medikamente gibt.
  • Die Seniorenbegleiterin, die einmal in der Woche kommt und sich um den Angehörigen kümmert.

Sagen Sie JA, probieren Sie es aus.

Das mit der Künstlichen Intelligenz ist schließlich auch gut gegangen (auch wenn sie es nicht geschafft hat, die gehörige Dosis Wärme und die Prise Humor, die für meine Texte typisch sind, zu imitieren).

Professionelles Coaching 

In jeder Phase der Erkrankung Ihres Angehörigen dürfen Sie auch professionelle Hilfe für sich selbst in Anspruch nehmen. Ich höre von Klientinnen oft, dass das kein leichter Schritt ist. So sehr wir wissen, was für andere das Richtige in Sachen Selbstsorge ist, so wenig gestehen wir es uns selbst zu.

Ich kenne das. Ich bin da keine Ausnahme. Deshalb habe ich mir vorausschauend ein Coaching-Abo bei einer Kollegin gebucht, dass ich auch zahlen müsste, wenn ich es nicht in Anspruch nähme. Glauben Sie mir, das hilft.

Es hilft mir, weiterhin meine Mutter voller Empathie zu begleiten und es hilft mir, trotz aller Belastungen, die manchmal alle gleichzeitig auftreten, eine gute Beraterin zu bleiben.

Vor allem recht-zeitiges Gegensteuern ist notwendig, um in Balance zu bleiben. Je eher man sich in einer schwierigen Situation um sich selbst kümmert, um so leichter ist es, wieder in seine Kraft zu kommen.

Es ist ein bisschen wie bei den Mobiltelefonen. Ich lade meins jeweils während der Autofahrten auf. Die Strecke zur Beratungsstelle ist lang genug, um den Akku komplett aufzuladen. Doch am Wochenende, wenn ich nicht unterwegs bin, entlädt sich das Telefon oft so weit, dass ich es gar nicht mehr nutzen kann. Dann muss ich es anstecken und eine gewisse Zeit warten, bis die Grundversorgung wieder da ist. Betriebsbereit ist es jedoch erst wieder, wenn ich nicht nur das Telefon, sondern auch die SIM-Karte entsperrt habe.

Es muss gar nicht erst noch schlimmer werden, bevor Sie sich Hilfe holen.

In meinem Online-Coaching-Angebot können wir schauen, ob Ihr Angehöriger tatsächlich optimal versorgt ist (und was das bedeutet), Sie sehen sich Ihre Care-Life-Balance einmal ganz genau an und Sie finden Ihren eigenen Weg zwischen Nähe und Distanz, um gut für sich zu sorgen. Auf, dass der Akku immer voll ist.

Ab Februar werde ich wieder einen freien Platz im Coaching haben. Vereinbaren Sie ein kostenloses Kennenlerngespräch. Wenn wir uns sicher sind, dass die Chemie stimmt und dass ich Sie bei Ihren Zielen begleiten kann, dürfen Sie sich auf einen schönen Prozess freuen.

Pflegezeit ist Lebenszeit.

Ihre Demenzberaterin

Demenzberaterin Eva Helms